Sitzenbleiben
Sitzenbleiben, Ehrenrunde, Klassenwiederholung, Schulversagen,… viele Namen benennen das gleiche Phänomen. In diesem Artikel finden Sie alles Wissenswerte, über das verwehrte Vorrücken in die nächste Jahrgangstufe.
Was ist Sitzenbleiben?
Ein Schüler wird aufgrund seiner Schulnoten
nicht in die nächst höhere Klassenstufe versetzt. Er muss die aktuelle Klasse für
ein komplettes Schuljahr noch einmal besuchen. Im wiederholten Falle der Nichtversetzung
kann dies dazu führen, dass der Schüler die Schulart wechseln muss.
Über
die Jahre hinweg ist die sogenannte Sitzenbleiber-Quote kontinuierlich rückläufig.
Wiederholten in den 70er Jahren noch 7 % aller Schüler eine Schulklasse, so waren
es im Schuljahr 2007/2008 weniger als 3 %. Unterschiede gibt es nach Schularten
und Bundesländern. In weiterführenden Schulen, insbesondere in Realschulen, wird
mit 5 % häufiger ein Schuljahr wiederholt als etwa in der Grundschule mit 1,3 %.
Welche Versetzungsregeln gibt es?
Die
Bedingungen für die Versetzung variieren von Bundesland zu Bundesland. Auch die
einzelnen Schularten der Bundesländer haben unterschiedliche Bestimmungen. So gib
es beispielsweise Versetzungen auf Probe, das freiwillige Zurücktreten, Nachprüfungen
oder auch spezifische Regelungen bei Mehrfachwiederholungen.
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Warum bleibt
ein Schüler sitzen?
Es gibt vielfältige
und komplexe Gründe für schlechte Schulleistungen und Schulversagen:
Längere
Fehlzeiten z.B. durch Krankheit führen zu großen Stofflücken. Diese müssen aufgearbeitet
werden, um den Anschluss an die Klasse zu finden.
Die Inhalte eines
Schulfachs bauen i.d.R. aufeinander auf. Sammeln sich über einen längeren Zeitraum
größere Kenntnislücken an, wird das Verständnis vertiefender Inhalte schwer bis
unmöglich. Auf einem lückenhaften Wissensfundament kann nur schlecht aufgebaut werden.
Das
Fehlen effektiver Arbeitstechniken und sinnvoller Lernstrategien sowie eine unzureichende
Prüfungsplanung kann zu schlechten Noten und im Endeffekt zum Sitzenbleiben führen.
Gravierende
Motivationsprobleme,
emotionale oder psychische Schwierigkeiten können im Nebeneffekt schulisches Versagen
verursachen. In diesem Fall sind schlechte Zensuren und Nichtversetzung die Folge
anderer, i.d.R. tiefer gehender, Probleme.
Prüfungsangst kann
dazu führen, dass im entscheidenden Moment der Klausur oder der mündlichen Abfrage
das Wissen nicht abgerufen werden kann.
Ziehen sich schlechte Noten
über einen längeren Zeitraum und betreffen viele Schulfächer, dann sollte man fragen,
ob die gewählte Schulform dem Schüler und seiner Begabung entspricht. Ist der Schüler
kontinuierlich überfordert, sollte ein Schulwechsel erwogen werden. Dies gilt besonders
dann, wenn bereits eine Klasse wiederholt wurde.
Natürlich gibt es auch
Schüler, deren Begabung für die Anforderungen durchaus ausreicht, die jedoch mit
möglichst wenig Aufwand und Anstrengung das Schuljahr verbringen und der Schule
und den Noten nicht allzu viel Bedeutung beimessen.
Was bringt
Sitzenbleiben?
Warum
lässt man einen Schüler bei Nichterreichen des Notenziels die Klasse wiederholen?
Schüler,
die das Klassenziel verfehlen, haben den Anschluss an das Leistungsniveau der Klasse
verloren. Eine Schulklasse sollte jedoch möglichst dasselbe Leistungsniveau haben,
damit ein einheitlicher Unterricht möglich ist. Durch das Nichtversetzen werden
schwächere Schüler aus der Leistungsgruppe genommen. Der Schüler ist zunächst von
dem für ihn zu hohen Leistungsdruck befreit. Er bekommt nun die Chance, durch die
Wiederholung des Schuljahres das geforderte Leistungsniveau doch noch zu erreichen
und somit auch in der gewählten Schulform bleiben zu können.
Über die
Auswirkungen und den Sinn des Sitzenbleibens gibt es geteilte Meinungen.
Dafür
spricht:
Der Schüler gewinnt mit der Wiederholung eines kompletten
Schuljahres ausreichend Zeit, um in Ruhe den Lernstoff aufzuarbeiten. Er wahrt somit
die Chance, seine Schulkarriere wie geplant fortzusetzen.
Die Aussichten
auf die Konsequenzen, nämlich die drohende Ehrenrunde oder der Warnschuss durch
ein schlechtes Zwischenzeugnis, kann Schüler zu einer Leistungssteigerung motivieren.
Ein
Bedingungsfaktor der Schule ist die Bewertung von Leistungen. Unterschiedliche Schulformen
setzen eine definierte Leistungsfähigkeit voraus. Sitzenbleiben dient somit letztlich
der Erhaltung von Leistungsstandards und der Qualitätssicherung. Es garantiert,
dass nur diejenigen Schüler an einer Schulform unterrichtet werden, die den entsprechenden
Anforderungen genügen.
Dagegen spricht:
Die
Wiederholung eines kompletten Schuljahres bedeutet eine unverhältnismäßige Zeitinvestition,
wenn die Leistungen nur in einigen Fächern schlecht sind. Eine individuelle und
zeitlich beschränkte, intensive Förderung in den Problemfächern könnte den Anschluss
an das Klassenniveau ebenso garantieren.
Es ist eine große Chance, ein
Jahr Zeit zu haben, um die Kenntnisse des Schuljahres aufzuholen. Allerdings können
die Frustration über das Scheitern und der Ausschluss aus der Klassengemeinschaft
so demotivierend wirken, dass der Schüler diese Chance nicht nutzt.
Es
gibt Studien, nach denen Schüler, die trotz schlechter Noten versetzt wurden, in
der Folge einen besseren Schulerfolg hatten als Schüler, die sitzen geblieben sind.
In
vielen Ländern Europas gibt es keine Klassenwiederholung. Finnland beispielsweise,
das bei Pisa-Tests regelmäßig gut abschneidet, kennt kein Sitzenbleiben.
Sitzenbleiben
verursacht hohe Kosten durch zusätzlich erforderliche Personalkosten und einen hohen
Verwaltungsaufwand.
Was tun wenn Sitzenbleiben droht? tutoria
rät
Um
dem sogenannten Zeugnisschock vorzubeugen, empfehlen wir: Nehmen Sie über das Schuljahr
hinweg intensiv Anteil am Schulleben Ihres Kindes. Notieren Sie die erzielten Schulleistungen
Ihres Kindes und nehmen Sie Angebote wie
Lehrersprechstunden oder
Informationsabende wahr. So kommt es zu keinen unliebsamen Überraschungen und Sie
können rechtzeitig gegensteuern, wenn es einmal nicht gut läuft.
Geben
die aktuellen Schulnoten Anlass zur Sorge, dass die Versetzung ggf. nicht erreicht
wird, dann reagieren Sie möglichst früh: Kontaktieren Sie den Klassen- oder Fachlehrer
und versuchen Sie gemeinsam die Gründe herauszufinden. Besprechen Sie zusammen mit
Ihrem Kind mögliche Maßnahmen. Grundsätzlich muss bei allen schlechten Leistungen
gefragt werden, woran es liegt. Dies gilt für die einmal verhauene Klausur genauso
wie für eine Anhäufung schlechter Noten über einen längeren Zeitraum hinweg.
Ist
die Versetzung tatsächlich gefährdet, dann informieren Sie sich an Ihrer Schule
über die verbleibenden Möglichkeiten: So gibt es in einigen Bundesländern die Versetzung
auf Probe, die Möglichkeit der Nachprüfung, o.ä.
Wird Ihr Kind tatsächlich
nicht versetzt, dann helfen Vorwürfe, Schuldzuweisungen oder gar Strafen nicht weiter.
Der Schüler selbst ist mit seinem schulischen Versagen gestraft, das Selbstbewusstsein
ist angeknackst. Geben Sie Ihrem Kind Trost, Zuwendung und Ihre Unterstützung. Gehen
Sie gemeinsam in Ruhe den Ursachen nach und sondieren Sie die Möglichkeiten. Wenden
Sie sich dazu an den Klassenlehrer, den Beratungslehrer oder ggf. auch an den schulpsychologischen
Dienst.
Wiederholt Ihr Kind tatsächlich eine Klasse: Begleiten und analysieren
Sie aufmerksam seine Fortschritte. Die Klassenwiederholung alleine garantiert noch
nicht den weiteren Schulerfolg. Fehlen z.B. die richtigen Arbeitstechniken oder
leidet der Schüler an
Prüfungsangst,
so benötigt er weitere und gezielte Unterstützung.
Muss
Ihr Kind aufgrund des Sitzenbleibens eine Klasse wiederholen oder gar die Schulform
wechseln: Denken Sie daran, dass die Schulsysteme i.d.R. durchlässig sind. Schulabschlüsse
können häufig auch auf anderen Wegen als dem direkten Weg erworben werben.
Auch
bekannte und erfolgreiche Persönlichkeiten haben einmal eine Ehrenrunde gedreht,
z.B. Albert Einstein, der Politiker Edmund Stoiber, oder TV-Moderator Harald Schmidt.
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